Ein Besuch in Teucherns Vorzeit (aus Heimatheft 2004)

Dampfziegelei Erfurth
Dampfziegelei Erfurth

Sächsische Provinzialzeitung, Zeitz, 18. Jahrgang, Nr. 291 vom 13. Dezember 1890: „Teuchern, 11. Dezember. Ein interessanter Fund wurde vor einigen Tagen in der Lehmgrube des Herrn Dampfziegeleibesitzers Erfurth gemacht. In einer Tiefe von 15 Meter fanden Arbeiter dortselbst ein 18 Pfund schweres Stück eines Mammutzahnes“. Dies ist vielleicht die älteste schriftliche Erwähnung eines archäologischen Fundes in Teuchern. Es ist nur ein kleiner Artikel in der oben genannten Zeitung, doch beginnt damit eine lange Reihe von dokumentierten Funden aus der so genannten „grauen Vorzeit“ unserer Stadt. Doch diese Zeit war gar nicht so grau wie wir vielleicht annehmen, jede Stunde war so farbig und lebensvoll wie heute, nur, dass wir damals eben nicht dabei waren! Ob es die Eiszeit, Steinzeit oder Urzeit ist, vollkommen egal wie wir es nennen, es handelt sich um einen unvorstellbar fernen und unbegreiflichen Zeitraum. Dieser Zeitraum jedoch nimmt den größten Teil unserer Geschichte von Teuchern ein, deshalb ist es unerlässlich ihn etwas ausführlicher zu behandeln. Ich werde versuchen in diesem Beitrag, neben einigen allgemeinen Informationen zur Geschichte, die in unserer Stadt gefundenen Zeugen der „grauen Vorzeit“ näher zu beleuchten und auf einige Beispiele gesondert einzugehen. Es soll eine Reise durch Teucherns Vorgeschichte sein. Die Vorgeschichte nennt man im allgemeinen Sprachgebrauch die Epoche der menschlichen Geschichte, aus der keine schriftlichen Überlieferungen bekannt sind. Kenntnisse über diese Zeit können nur durch die Erforschung und die Interpretation von Überresten, wie Waffen, Geräte, Grabbeigaben, Siedlungsplätze und manchmal auch mumifizierten Leichnamen aus Mooren gewonnen werden. In Europa unterteilen wir die Vorgeschichte in Steinzeit, Bronzezeit und Eisenzeit, die wiederum jeweils in mehrere Teilperioden aufgegliedert sind. Im wissenschaftlichen Sprachgebrauch hat sich die Bezeichnung Ur- und Frühgeschichte eingebürgert. Die Urgeschichte bezeichnet dabei die historischen Anfänge der Menschheit, mit Frühgeschichte ist meist der nur ungenau zu bestimmende Übergang zu einer mit den traditionellen Methoden der Geschichtswissenschaften zu analysierenden Kulturperiode gemeint. Beginnen will ich mit der Eiszeit. Die Eiszeit ist eine Periode der Erdgeschichte, die durch eine Ausdehnung der Vergletscherung und eine Klimaverschlechterung gekennzeichnet ist. Die letzte Eiszeit begann vor etwa 1,6 Millionen Jahren, mit dem Beginn des Quartärs. Von Eis bedeckt waren auf der Südhalbkugel Antarktis und Patagonien, auf der Nordhalbkugel Teile Nordamerikas und Sibiriens sowie Nordeuropa, die Arktis und die Alpen. Für letztere lassen sich vier große Eiszeiten unterscheiden, die nach den Nebenflüssen der Donau und Isar als Günz-, Mindel-, Riss- und Würmeiszeit bezeichnet werden. In Norddeutschland wurden die Eiszeiten nach den Flüssen Elbe, Elster, Saale und Weichsel benannt. Obwohl sich die kontinentalen Eismassen vor etwa 10.000 Jahren – also gegen Ende des Pleistozäns – aus Nordamerika und Europa zurückzogen, gehen viele Wissenschaftler davon aus, dass die Eiszeit noch nicht vorüber ist, wir also nur in einer so genannten Zwischeneiszeit leben. Die Durchschnittstemperatur auf der Erde beträgt seit der Zeit des frühesten nachgewiesenen Lebens (vor etwa 3,6 Milliarden Jahren) etwa 20 °C, wobei Schwankungen von etwa 5 °C auftreten können. Seit es Leben auf der Erde gibt, war diese überwiegend eisfrei (in rund 90 Prozent dieser Zeit), ausgedehnte Gletscher gab es nur in Hochgebirgen. Eiszeiten treten etwa alle 150 Millionen Jahre auf und dauern einige Millionen Jahre. Ein Relikt der Eiszeit ist der Findling, aus dem das Denkmal zum Gedenken an die Völkerschlacht zu Leipzig (1813) am „Grünen Weg“ geschaffen wurde. Unsere Gegend wird bereits seit der Steinzeit besiedelt, wovon zahlreiche Funde zeugen. Es wurden zum Beispiel zwischen 1921 und 1930 Feuersteinabschläge, Steinbeile und Hammeräxte gefunden, welche vorwiegend aus der jüngeren Steinzeit stammen. Die Funde waren über das heutige ganze Stadtgebiet verteilt und wurden am Schafberg, im Rittergut, in der Wolfsschlucht, den Weg nach Schortau und Erfurths Kiesgrube gemacht. Die Steinzeit ist die erste Phase der Menschheitsgeschichte. Werkzeuge und Waffen wurden aus Stein hergestellt, die Verwendung von Metall war unbekannt. Die Steinzeit umfasst generell das Eiszeitalter (Pleistozän), das durch den Wechsel von Kalt- und Warmzeiten geprägt war und von etwa 2,5 Millionen bis ungefähr 8.000 v. Chr. andauerte.

Fund in Teuchern
Fund in Teuchern

 Der Übergang in die Metall verwendende Bronze- oder Kupferzeit ist aber je nach Region unterschiedlich. In unserer Gegend dauerte sie bis etwa 4.000 v. Chr. In der immensen Zeitspanne der Steinzeit bewirkten vor allem häufige Klimaveränderungen eine Anpassung und Weiterentwicklung der Kultur. Sie wird in drei Perioden unterteilt: das Paläolithikum (Altsteinzeit), das Mesolithikum (Mittelsteinzeit) und das Neolithikum (Jungsteinzeit). Die Altsteinzeit dauerte am längsten. Sie begann vor etwa 2,5 Millionen Jahren, als Australopithecinen erstmals Steinwerkzeuge herstellten. Sie lebten vor allem in den Savannen Afrikas. Diese ersten Menschen sammelten vor allem Früchte, sonstige Pflanzenteile, kleinere Tiere und Eier. Zudem nutzten sie wahrscheinlich von Raubtieren geschlagene Beute, die aktive Jagd spielte zunächst keine große Rolle. Die ersten Werkzeuge waren behauene Flussschotter oder Werkzeuge aus zersplitterten Steinen. Vor etwa einer Million Jahren tauchte der Homo erectus auf. Er begann das Feuer zu nutzen – eine wichtige Voraussetzung für die Besiedelung kühlerer Regionen. Neben dem Sammeln von Früchten bildete die Jagd auf Großwild die Grundlage der Ernährung. Holzlanzen und Faustkeile waren die wichtigsten Werkzeuge dieses Abschnitts. Mit der Neandertalkultur erschien vor etwa 200.000 Jahren der erste Homo sapiens. Diese Zeit ist durch eine deutliche kulturelle Entwicklung und eine Bevölkerungszunahme gekennzeichnet. Die Menschen lebten in größeren Horden zusammen und verlegten ihren Siedlungsplatz je nach Aufkommen von Wild. Die Werkzeuge waren feiner bearbeitet; besonders geeignete Materialien wie Feuersteine oder Obsidiane wurden mitgeführt. Neben Steingeräten waren wohl Holzgeräte üblich, von denen kaum etwas erhalten blieb. Knochen und Geweihgeräte sind selten. Am Ende der Altsteinzeit stellte der 40.000 v. Chr. erstmals aufgetretene Homo sapiens sapiens spezialisierte Werkzeuge wie Nadeln und Harpunen her. Die Jagdgeräte und die Jagdtechnik waren weiter ausgefeilt. Mit Pfeil und Bogen wurden Hirsche, Elche und Biber gejagt. Schmuckgegenstände waren besonders häufig. Durch eine weite Verbreitung z. B. von Muscheln des Mittelmeeres kann auf einen ausgedehnten Tauschhandel geschlossen werden. In Höhlen, z. B. in Cro-Magnon in Frankreich, zeugen Wandzeichnungen von religiösen Kulten und deuten auf eine soziale Schichtung und die Vielfalt dieser Kulturen hin. Um 8.000 v. Chr. kam es zu einer Erwärmung des Klimas. Durch die zunehmende Wiederbewaldung änderte sich das Spektrum der Tiere, die eiszeitliche Fauna entwickelte sich zurück. Die Jagd auf Hirsche, Rehe, Wildschweine und Vögel sowie der Fischfang nahmen an Bedeutung zu. Neben der Jagd und dem Fischfang spielte das Sammeln von Früchten und Beeren eine Rolle. Da die bejagten Tiere ortsfest lebten, gründete auch der Mensch dauerhafte Siedlungen. Im Mittelmeerraum fand durch das Ernten von Wildgetreide der Übergang zum Ackerbau statt, die Haltung von Haustieren setzte ein. Größere Friedhöfe und Familienbestattungen waren häufig. Diese Zeit wird Mittelsteinzeit genannt. Die sich daran anschließende Jungsteinzeit war vor allem durch den Anbau von Kulturpflanzen und die Viehhaltung gekennzeichnet. Rinder, Schweine, Ziegen und Schafe wurden auf Grund ihrer einfachen Haltung bevorzugt. Der Beginn der Jungsteinzeit ist von Region zu Region unterschiedlich. In Europa begann die Jungsteinzeit um 6.000 v. Chr. im Bereich der Balkanhalbinsel. Wie schon erwähnt, wurden viele Einzelfunde aus der Jungsteinzeit gemacht. Siedlungsreste wurden immer wieder im Umfeld Oberstraße Richtung Stadion und weiter Richtung Osterfelder Straße gefunden. Besonders der Fund eines Germanischen Töpferofens des 1.–2. Jahrhunderts auf dem Schulhof der damaligen „Adolf Hitler Schule“ im Jahr 1937 sorgte für Aufsehen. Er wurde beim Einebnen des oberen Teiles des Schulhofs gemacht und es wurde eine amtliche Untersuchung durch die Landesanstalt für Volkheitskunde in Halle durchgeführt. Da es sich hierbei um ein gutes Beispiel für die Arbeit der Archäologen in den 30er Jahren handelt, möchte ich auf diese Untersuchung etwas näher eingehen. Im Südwesten der Stadt Teuchern liegt die heutige Sekundarschule, deren Schulhof im Jahre 1937 eingeebnet werden sollte. Bei der Abtragung von Erdschichten stießen die Arbeiter auf Scherben, Tier- und Menschenknochen. Die Fundmeldung erfolgte durch die Stadtverwaltung. Die erste Untersuchung der Fundstelle erfolgte am 17. 2. 1937, die Ausgrabung dauerte vom 18. 2. bis 20. 2. 1937. Dank der weitgehenden Unterstützung durch Bürgermeister Trinks, welcher Arbeitskräfte abstellte, konnte ein Teil des betreffenden Geländes eingehend untersucht werden. ...

(Den ganzen Bericht finden Sie im Heimatheft 2004)

Fund 1973
Fund 1973