Rückkehr nach Hamburg

Zurück in Hamburg

 

Die Bemühungen um Wirkungsmöglichkeiten außerhalb Hamburgs waren gescheitert. Keiser versuchte nun, in Hamburg wieder Fuß zu fassen.

Keisers Opernproduktion in diesem Teilabschnitt wird dadurch geprägt, dass während seines Fortseins für ihn ungünstige Bedingungen an der Gänsemarktoper entstanden waren. Sie betreffen sowohl organisatorische und personelle Veränderungen am Theater, als auch einen Wandel im rezeptionellen Verhalten des Publikums und speziell das Tätigwerden Telemanns.

 

Gänsemarktoper Hamburg

 

Zwischen 1722 und 1734 sind nur noch drei Opern Keisers auf die heutige Zeit überkommen. Dazu zählt die Croesus-Fassung von 1730.

 

Georg Philipp Telemann

 

Keiser besinnt sich nun auf seine frühen Opern zurück. Die Da-Capo-Arie dominiert nicht mehr ausschließlich. Es gibt erneut eine größere Vielfalt an Arientypen. Keiser übernahm immer mehr fremde und eigene populäre Arien in neue Werke. Solche Übernahmen setzten Maßstäbe und suggerierten zugleich Qualität. Keiser musste erkennen, wie erfolgreich Telemanns Opern und andere Kompositionen waren, wie atemberaubend schnell und viel Telemann produzierte, wie engagiert dieser in Hamburgs Musikleben eingriff. Diesen Vorsprung Telemanns konnte der nach Hamburg zurückgekehrte Keiser nicht mehr aufholen.

Das Verhältnis von Keiser zu Telemann kann dennoch so schlecht nicht gewesen sein.

Erste direkte und indirekte Kontakte zu Telemann gab es im Zusammenhang von Keisers "Almira" 1704 in Weißenfels und sie setzten sich fort in der Thüringer- und der Württemberger-Phase. Auch nach Keisers Rückkehr nach Hamburg wurden seine Bühnenwerke in großer Zahl interpretiert. Telemann selbst nahm einige Keiser-Opern zur Hand und redigierte sie zu Wiederaufführungen der Jahre 1727-1729. (Masaniello von 1706 für 1727, Nebucadnezar von 1704 für 1728, Augustus/Janus von 1698 für 1729) Das umfasste Straffungen als auch die Neukomposition von Arien.

 

Masaniello

 

1728 hatte Keiser sich anstelle des wegen Taubheit zurücktretenden Mattheson als Domkantor beworben. Am 11.11.1728 wurde er gewählt und am 2.12. wurde ihm das Ergebnis offiziell übermittelt. Keiser erklärte sich mit der Entlohnung einverstanden (das Amt war verbunden mit einem kleinen Kanonikat) und trat sein Amt an. Nun verlagerte sich seine kompositorische Tätigkeit verstärkt auf Kirchenmusik.

Mattheson sagt aus, Keiser habe seitdem viele ausbündige Oratorien im Dom erschallen lassen. Informativ in dieser Hinsicht ist auch Matthesons Gedicht, das er anlässlich von Keisers Tod verfasste. Darin bestätigt er erneut die hohe Qualität von Keisers Kompositionen, wenn er hierin schreibt:

"Ohn Weisheit gibts nicht solche Wercke;

Es braucht Erkenntnis und Verstand:

Zumahl, wenn ich den Geist bemercke,

Der sich in Kirchensachen fand."

Dem gegenüber steht eine außergewöhnlich schlechte Überlieferungssituation für den Zeitraum von 1728 bis zu seinem Tod 1739. Es bedarf unbedingt weiterer Forschungen, um diese Schaffenszeit aufzuhellen, die nicht vorschnell wegen der Quellenlage als Zeit nachlassender Schaffenskraft anzusehen ist.

 

Quellenlage

 

Eine Reihe von Geschehnissen überschatten das letzte Lebensjahrzehnt Keisers. Am 9.12.1732 starb in Teuchern seine Mutter, sein Vater war bereits zwischen 1712 und 1732 an unbekanntem Ort verstorben. 1735 starb in Hamburg seine Gattin. Am Dom wurden 1737 die Kirchenkonzerte eingestellt. 1738 beendete die Gänsemarktoper ihren Spielbetrieb mit eigenen Kräften.

 

Am 12.09.1739 starb Reinhard Keiser in Hamburg.

 

Im Verständnis seiner Zeit gehörte Reinhard Keiser gleichberechtigt mit seinen Zeitgenossen Telemann, Mattheson und Händel zu den berühmtesten Komponisten an der Hamburger Gänsemarktoper in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. In seinem Sonett auf Keisers Tod schrieb Telemann 1739:

 

"Ihr, die in Deutschlands Raum die Tonkunst Kinder nennet,

Lasst Kaisers Untergang nicht fühllos aus der Acht!

Er hat um euren Ruhm sich sehr verdient gemacht,

Und manchen Ehrenkranz den Welschen abgerennet.

Da seine Jugend noch in erster Glut gebrennet,

Wie reich, wie neu, wie schön, wie ganz hat er gedacht!

Wie hat er den Gesang zum vollen Schmuck gebracht

den dazumal die Welt noch ungestalt gekennet."